Fliegenfischen

Einleitung

Fliegenfischen - Was ist das?

Das Fliegenfischen im Ganzen zu beschreiben ist eigentlich gar nicht möglich. Fliegenfischen muss man selbst erleben, am besten in Begleitung eines erfahrenen Fliegenfischer-Profis. Auf dieser Seite wollen wir Ihnen einfach einen Überblick über Gerät, Technik und Köder vermitteln.
Fliegenfischen ist eine der faszinierendsten und spannendsten Angelmethoden überhaupt. Gefischt wird meistens "auf Sicht", das heisst man behält den Köder immer im Auge.
Vor allem beim Fischen mit der Trockenfliege kann man so manchen Adrenalinschub erleben wenn ein Fisch nach der Fliege steigt. Hat man alles richtig gemacht wird der Fisch die Fliege nehmen, schöpft er aber nur den geringsten Verdacht wird der Fisch abdrehen und wieder in der Tiefe verschwinden.

Fliegenfischen garantiert Spannung pur, gepaart mit einer sehr eleganten Wurftechnik.


Um was geht es beim Fliegenfischen?

Beim Fliegenfischen werden sogenannte künstliche Fliegen als Köder verwendet, meist Nachbildungen von Wasserinsekten, Insektenlarven, Krebstierchen oder Kleinfischen. Daraus ergibt sich nun das Problem dass diese Köder allesamt so gut wie gar kein Eigengewicht haben und sich deshalb ohne ein weiteres Hilfsmittel gar nicht auswerfen lassen. Bei diesem Hilfsmittel handelt es dabei um die spezielle Fliegenschnur welche das nötige Wurfgewicht aufbringt.

Um eine Schnur jedoch überhaupt erst Werfen zu können, benötigt man wiederum spezielles Gerät sowie eine spezielle Wurftechnik.

Das Gerät

Die Fliegenschnur

Fliegenschnüre werden in vier Grundtypen gefertigt:

Typ Bezeichnung
Parallel-Schnur (kaum noch verwendet) L (Level)
Doppelt verjüngte Schnur DT (Double Taper)
Keulenschnur WF (Weight Forward)
Einfach verjüngte Schnur (Schusskopf) ST (Shooting Taper)


In Kombination mit den vier Grundtypen werden Fliegenschnüre schwimmend (Floating "F"), schwimmend mit sinkender
Spitze (Sinking Tip "ST"), schwebend (Intermediate "I") und sinkend (Sinking "S") hergestellt.

Die Länge der Fliegenschnur variiert zwischen 25-35m, diejenige von Schusskopf-Schnüren zwischen 8-12m. Das "Gewicht" der Fliegenschnur wird in sogenannten AFTMA-Klassen von 1-15 unterteilt wobei 1 die leichteste, 15 die schwerste Schnurklasse bedeutet.

Ein Beispiel: Eine Fliegenschnur mit der Bezeichnung WF 5 F ist also eine Keulenschnur der AFTMA-Klasse 5, schwimmend.


Das Fliegenvorfach

Beim Fliegenvorfach handelt es sich um eine verjüngte, monofile und durchsichtige Angelschnur an dessen Ende der Köder, also die Fliege befestigt wird. Das Vorfach wird mit einer Schlaufe, dem sogenannten "Loop" mit der relativ dicken Fliegenschnur verbunden.

Die Länge des Vorfachs sollte in etwa der eingesstzten Rutenlänge entsprechen.


Die Fliegenrute

Die Fliegenrute ist eine Angelrute mit spezieller Aktion und Beringung welche extra auf die Wurftechnik des Fliegenfischens ausgerichtet ist. Fliegenrute und Fliegenschnur müssen miteinander harmonieren und werden passend zu den AFTMA - Klassen der Schnüre hergestellt. Versucht man beispielsweise, eine Schnur der Klasse 1 mit einer Rute der Klasse 7 oder 8 zu werfen, so wird dies nicht gelingen da die Schnur viel zu leicht ist um die Rute richtig "aufzuladen".
Andererseits wäre zum Beispiel auch eine Rute der Klasse 1 mit einer Schnur der Klasse 8 völlig überfordert.

Ruten der Klassen 1 - 6 werden als Einhandruten, jene der Klassen 7 - 9 als Einhand- oder Zweihandruten und solche der Klassen 10 - 15 ausschliesslich als Zweihandruten hergestellt.

Die Länge der Fliegenrute wird in Fuss (´) angegeben. Erhältlich sind die Ruten in Längen von 7´6" bis 10´0". Längere Ruten sind ebenfalls erhältlich, kommen aber in schweizerischen Gewässern eher selten zum Einsatz.

Beispiel: Steht auf einer Fliegenrute also geschrieben #5 9´0" so weiss man, dass es sich um eine Rute der Schnurklasse 5 mit einer Länge von 9 Fuss (ca. 270cm) handelt.


Die Fliegenrolle

Die Rolle dient beim Fliegenfischen eigentlich hauptsächlich als Schnurspeicher. Trotzdem sollte sie gewisse Eigenschaften aufweisen um vor unliebsamen Überraschungen geschützt zu sein.
So muss die Fliegenrolle möglichst leicht sein da ihr Gewicht das Werfen der Schnur beeinträchtigen kann, zudem muss die Rolle der eingesetzten Schnurklasse entsprechen damit die gesamte Schnur inklusive Backing (Füllschnur zwischen Rollenkern und Fliegenschnur) aufgenommen werden kann.

Moderne Fliegenrollen sind sogenannte Grosskernrollen mit einem fein einstellbaren Bremssystem. Diese Grosskernrollen haben den Vorteil dass im Kampf mit einem grossen Fisch sehr schnell sehr viel Schnur aufgenommen werden kann und der Fisch dann mit Hilfe der Rollenbremse ausgedrillt werden kann.
Grosskernrollen werden meistens aus sehr leichten Metallen (z.B. Fluzeug-Aluminium oder ähnliche) aus einem Stück gefräst.

Der Gerätekauf und die Zusammenstellung

Das Standardgerät

Als Standardgerät kommt eine Ruten- und Rollen-Kombination der Schnurklassen #5 oder #6 mit einer Rutenlänge von 8´6" bis 9´6" in Frage. Mit diesem Gerät können sowohl leichte Trockenfliegen wie auch etwas schwerere Nymphen oder sogar Streamer kontrolliert geworfen und auch präsentiert werden.

Anfänger sind mit einer Schnur des Typ's WF (also einer Keulenschnur) in schwimmender Ausführung (also F) bestens bedient weil sich damit die ersten Wurferfolge schneller erzielen lassen als beispielsweise bei einer Schnur des Typ's DT.


Der Gerätekauf

Achtung:
Beim Kauf einer Fliegenrute dürfen Dinge wie Hersteller oder Farbe der Rute keine oder eine nur nebensächliche Rolle spielen. Viel wichtiger ist das Gewicht der Rute und wie sie dem persönlichen Wurfstil entspricht.

Deshalb folgende Empfehlungen:

  • Kaufen Sie keine Fliegenruten aus irgendwelchen Online-Shops, Auktionen oder ähnlichen Quellen wenn Sie die Rute nicht schon
    vorgängig einmal geworfen haben.
  • Seriöse Gerätehändler ermöglichen es Ihnen, diverse Fliegenruten vor dem Kauf erst zu testen. Sie werden Ihnen auch den Einstieg
    in die Wurftechnik des Fliegenfischens erläutern.
  • Achten Sie darauf, dass beim getesteten Gerät die Einzelkomponenten (Rute, Rolle und Schnur) auch wirklich aufeinander abgestimmt sind.
Am besten lassen Sie sich beim Kauf einer Fliegenrute noch zusätzlich von einem erfahrenen Fliegenfischer beraten.

Die Wurftechnik

Allgemeines zum Werfen der Fliegenschnur

Beim Fliegenfischen wird zwischen verschiedenen Wurftechniken unterschieden. Diese Techniken alle zu beschreiben würde ganze Bände füllen, daher werden hier nur die beiden gebräuchlichsten und auch für Anfänger schnell zu erlernenden Wurftechniken erläutert.


Der Gebetsroither-Stil (Grundwurf)

Dieser Wurfstil wurde gegen Ende 1940 vom Österreicher Hans Gebetsroither entwickelt. Sein Wurfstil hat die Fliegenfischerei bis heute geprägt und gewisse Grundelemente finden sich auch in anderen Wurftechniken wieder.

Die Grundmerkmale des Gebetsroither-Stils sind:

  • Der Zeigefinger liegt auf dem Rutengriff, d.h. die Rute stellt die Verlängerung des Zeigefingers dar
  • Der Unter- und der Oberarm der Wurfhand (Wurfarm) bilden in etwa einen rechten Winkel
  • Vor- und Rückschwung basieren auf einer elliptischen Bewegung der Wurfhand, ausgehend von der Schulter als elementares Wurfgelenk
Um mit diesem Wurf beginnen zu können, müssen wir uns eine Uhr vorstellen. Halten wir die Rute senkrecht in die Höhe, so befindet sich über unserem Kopf die Position 12 Uhr. Schräg oberhalb vor unserem Kopf ist die Position 11 Uhr, schräg oberhalb hinter unserem Kopf die Position 13 Uhr.
Die Positionen 11 und 13 Uhr markieren dabei die beiden Schlüsselpunkte.

Als erstes ziehen wir nun etwa 4-5m Schnur von der Rolle ab und legen diese vor uns aus. Nachdem die Grundposition bezogen ist, das heisst dass wir einen stabilen Stand haben, der Zeigefinger auf dem Rutengriff liegt und die Wurfhand (Wurfarm) einen rechten Winkel bilden, wird mit einer beschleunigenden Rückwärtsbewegung die Schnur aufgenommen. Mit der linken Hand wird die Schnur zwischen Rolle und erstem Rutenring festgehalten.
An der 13 Uhr-Position muss der Rückschwung mit einem sofortigen Stopp beendet werden. Dies führt dazu, dass die Schnur nach hinten sauber gestreckt wird. Erst wenn die Schnur nach hinten sozusagen gerade in der Luft liegt, kann mit dem Vorschwung begonnen werden.
Den Vorschwung beenden wir auf der 11 Uhr-Position wiederum mit einem abrupten Stopp sodass die Schnur diesmal nach vorne gestreckt wird.
Diese Vor- und Zurückbewegung wird nun kontinuierlich wiederholt. Wie bereits erwähnt kommt die Bewegung dabei nur aus der Schulter. Es ist darauf zu achten, dass bei den Stopp's an 11 Uhr und 13 Uhr das Handgelenk nicht nach vorne oder hinten abkippt und dass bei der Vor- und Zurückbewegung der Wurfarm immer einen rechten Winkel bildet.

Nun noch ein Wort zur elliptischen Wurfbewegung des Gebetsroither-Stils. Diese Bewegung (die Ellipse) kommt eigentlich fast von ganz alleine wenn man bei der Rückwärtsbewegung den Wurfarm gegen die 13 Uhr-Position hin etwas nach oben bewegt, also "unnenufä" auf gut schweizerdeutsch. Die Vorwärtsbewegung wird dann in etwa entgegengesetzt, also "obenabä" ausgeführt. Und immer daran denken, dass der Wurfarm einen rechten Winkel bilden sollte!
Betrachtet man nun diesen kontinuierlichen Bewegungsablauf von der Seite, dann müsste die elliptische Bewegung eigentlich gut zu erkennen sein.

Wenn Vor- und Rückschwung einigermassen gut funktionieren, kann man beginnen, Schnur zu geben und damit auf eine entsprechende Wurfweite zu kommen. Dazu ziehen wir wiederum etwa 4-5m Schnur von der Rolle ab und legen diese vor uns ab. Zudem ziehen wir noch ca. 8-12m Schnur von der Rolle und lassen diese einfach auf den Boden fallen (darauf achten dass sich die Schnur nirgends verhakt).
Mit der linken Hand wird nun die zusätzlich abgezogene Schnur wiederum zwischen Rolle und erstem Rutenring festgehalten. Nun wird wieder mit einer beschleunigenden Rückwärtsbewegung ("unnenufä") die Schnur vor uns am Boden aufgenommen. Nach dem Stopp bei der 13 Uhr-Position und dem strecken der Schnur nach hinten wird wiederum die Vorwärtsbewegung ("obenabä") ausgelöst. Nach dem Stopp der Rute an der 11 Uhr-Position lässt die linke Hand ein wenig Schnur abziehen und hält sie danach wieder fest. Nun geht man wieder in die Rückwärtsbewegung über, macht den Stopp bei 13 Uhr, wartet bis die Schnur nach hinten gestreckt ist und geht wieder in die Vorwärtsbewegung.
So wiederholt sich der Bewegungsablauf immer wieder dass es schlussendlich wie folgt aussieht:

Rückschwung ("unnenufä") - STOPP - Schnur strecken (Warten) - Vorschwung ("obenabä") - STOPP - Schnur geben (linke Hand) - Warten - Schnur halten (linke Hand) - Rückschwung ("unnenufä") - STOPP - Schnur strecken (Warten) - Vorschwung ("obenabä") - STOPP - Schnur geben (linke Hand) - Warten - Schnur halten (linke Hand) usw.

Oder in der kürzeren Fassung:

Rückschwung - STOPP - Warten - Vorschwung - STOPP - Schnur geben - Warten - Schnur halten - Rückschwung - STOPP - Warten - Vorschwung - STOPP - Schnur geben - Warten - Schnur halten

Natürlich werden die Wartezeiten bis die Schnur nach hinten und nach vorne gestreckt wird entsprechend länger je mehr Schnur man "draussen" hat.

Hat man schliesslich die gewünschte Wurfweite erreicht wird die Rute an der 11 Uhr-Position gestoppt. Nachdem sich die Schnur nach vorne gestreckt hat wird die Rute gesenkt damit sich die Schnur sanft auf die Wasseroberfläche legt.

Ob das werfen mit dem Gebetsroither-Stil schliesslich gelingt oder nicht hängt einzig und allein vom richtigen Timing ab. Und da hilft nur üben, üben, üben...

Ein Tipp:
Versuchen Sie nicht, schon zu Beginn hohe Wurfweiten zu erreichen. Es wird Ihnen mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht gelingen da sie sich dabei verkrampfen werden und der Versuch in Frustration enden wird.
Konzentrieren Sie sich lieber von Anfang an auf einen sauberen Wurfstil. Die Wurfweite wird sich mit der Zeit ganz automatisch einstellen.

Und noch etwas:
Die meisten Fischer (nicht nur Fliegenfischer) sind oft der Ansicht, dass sich die Fische irgendwo weit draussen oder gar am anderen Ufer aufhalten. Lassen Sie Ihre Fliege oder Ihre Nymphe doch einfach mal "vor Ihren Füssen" ins Wasser. Sie werden vielleicht die eine oder andere erfreuliche Überraschung erleben.

Der einzige Nachteil bei dieser Wurftechnik liegt darin, dass man nach hinten genau gleich viel Platz benötigt wie man nach vorne eigentlich werfen möchte. Wenn Sie also am Wasser sind und in etwa 8m Entfernung eine verdächtige stelle mit dem Gebetsroither-Stil befischen wollen, muss der Bereich hinter Ihnen also ebenfalls in einer Distanz von 8m frei sein von Gebüschen, Bäumen oder anderen Hindernissen. Da dies leider nur sehr selten der Fall ist, werden wir uns noch einen weiteren und für solche Bedingungen idealen Wurfstil ansehen, den Rollwurf.


Der Rollwurf

Im Gegensatz zum Gebetsroither-Stil wo mit Vor- und Rückschwüngen geworfen wird, spielt sich beim Fischen mit dem Rollwurf alles vor dem Fischer ab.

Die Grundmerkmale des Rollwurfes sind:

  • Die Angelschnur befindet sich in jeder Phase des Wurfes vor dem Fischer
  • Die Rute wird mit dem Daumengriff festgehalten
  • Der Wurf wird durch eine beschleunigende Vorwärtsbewegung, ausgehend von der Schulter, ausgelöst
Begonnen wird der Rollwurf, indem man etwa 4-6m Schnur abzieht und diese am einfachsten etwas mit der Strömung abtreiben lässt. Nun hält man mit der linken Hand die Schnur zwischen Rolle und dem ersten Ring fest während man mit der Wurfhand die Rutenspitze durch langsames anheben soweit zurücknimmt bis diese etwa hinter dem Kopf zu liegen kommt. Die Angelschnur wird nun langsam auf Sie zuschwimmen und sollte unterhalb der Rutenspitze einen "Sack" bilden. Warten Sie nun ab bis die Schnur etwa auf Höhe des dritt- oder viertletzten Rings ist und gehen Sie dann in eine schnell beschleunigende Vorwärtsbewegung über. Dabei ist darauf zu achten dass die Bewegung wie beim Gebetsroither-Stil aus der Schulter heraus kommt und die Rute auf der 11 Uhr-Position gestoppt wird.
Die Schnur wird sich nun in einer Rolle aus dem Wasser heben und gestreckt wieder auf der Wasseroberfläche auftreffen.
Achten Sie darauf dass die Rute auf keinen Fall "Peitschgeräusche" von sich gibt. Sollte das der Fall sein wird die gesamte Bewegungsenergie schon in der Rutenspitze verbraucht und geht nicht in die Schnur über. Versuchen Sie in diesem Fall, die Vorwärtsbewegung eher schiebend, jedoch trotzdem beschleunigend auszuführen.

Natürlich liest sich das ganze etwas abenteuerlich, die Ausführung ist jedoch viel einfacher als man denkt. Übrigens, Schnur wird beim Rollwurf gegeben indem man beim zurückziehen der Rutenspitze etwas Schnur abziehen lässt, diese dann wieder festhält und den Wurf ausführt.

Achtung:
Die beiden hier beschriebenen Wurfstile sowie alle anderen können nicht durch das blosse lesen erlernt werden. Besuchen Sie einen Fliegenfischerkurs oder gehen Sie so oft wie möglich mit einem erfahrenen Fliegenfischer ans Wasser. Somit vermeiden Sie, dass Sie sich Fehler "antrainieren" welche sich später nur schwer wieder abgewöhnen lassen.